
Wilhelm Koch: Künstler zwischen Vision und Wirklichkeit
„Tempelritter aus der Oberpfalz“ oder „verrückt oder genial?“ titelten die Medien über ihn. Wilhelm Koch ist Designer, Künstler und Visionär aus Etsdorf in der Nähe von Amberg. Dabei macht es ihm augenscheinlich Spaß, sich abstrakten Themen zu widmen und diese mit viel Elan, Begeisterungsfähigkeit und Durchhaltevermögen in die Realität umzusetzen.
# 1: Glyptothek Etsdorf
Zum Beispiel die Glyptothek in seinem Heimatdorf Etsdorf, einer 500-Seelen Gemeinde. Dort hatte Wilhelm Koch die Idee, einen nach griechischem Vorbild nachgebauten Tempel zu errichten. Auf einer erhöhten Wiese, von wo aus man auf die Autobahn Paris-Prag blickt, die Europastraße 50. Denn der Tempel soll ein Symbol für den Europäischen Gedanken und die Demokratie sein. Koch pachtete ein Gründstück, zeichnete einen Plan und begann, in seinem Dorf Überzeugungsarbeit zu leisten.
Nach vielen vielen Hindernissen ist es heute ein Erfolgsprojekt. Nicht, weil der Tempel schon gebaut wäre. Aber in Etsdorf befindet sich in den Räumen der ehemaligen Schule (die Koch übrigens selbst besucht hat, das Foto von der ersten Klasse hängt an der Treppe) ein Tempelmuseum. Der Nachbar sperrt auf und mäht den Rasen. Zusammen mit dem Sportverein organisiert Koch mit dem Verein der Freunde der Glyptothek Etsdorf Veranstaltungen, Führungen und ein Ferienprogramm für Kinder. Mittlerweile steht fast das ganze Dorf hinter ihm.
Und nicht nur das: Der wohl berühmteste Unterstützer ist Udo Lindenberg, einer der Tempelpaten. „Wir hoffen schon, dass er auch mal kommt“, meint Wilhelm Koch und nach einem kurzen Grübeln, ob das realistisch ist oder nicht, kommt man zu dem Schluss: Wenn der Koch ein Luftmuseum in Amberg eröffnet und einen Tempel in Etsdorf gebaut hat, kommt vielleicht auch Udo Lindenberg zur Einweihung. Warum eigentlich nicht.
Star-Architekt Peter Haimerl aus München, dem ein oder anderen vielleicht als Architekt des Konzerthauses Blaibachbekannt, überarbeitet derzeit den Entwurf des Tempels. Kostenlos. E.ON Bayern hat das Grundstück mit Strom erschlossen. Kostenlos. Viele Firmen und Privatpersonen unterstützen den Tempelbau durch den „Kauf“ von Bodenplatten, Säulen und Betonstufen. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger tragen mit ehrenamtlichem Engagement dazu bei, dass Kochs Vision einmal Wirklichkeit werden kann. Leute begeistern und einbinden, das gelingt dem Künstler wirklich gut.
# 2: Luftmuseum Amberg
Ähnlich ist es mit dem Luftmuseum in Amberg. Wer das erste mal hört, dass es in Amberg ein Luftmuseum gibt, kann sich darunter wahrscheinlich nicht sehr viel vorstellen. So ging es den Amberger Stadträten und der Bevölkerung sicher auch vor elf Jahren, als Koch mit seiner Idee daherkam. Heute sieht es ganz anders aus: Das Luftmuseum ist weltweit einzigartig, ein Alleinstellungsmerkmal der Stadt Amberg und jüngst von der Süddeutschen Zeitung als eines von 18 Museen weltweit präsentiert, das eine Reise wert ist. Das einzige in Bayern übrigens. Da steckt schon mehr als (heiße) Luft dahinter. In Amberg schlendern die Menschen mittlerweile durch die Luftnacht, paddeln beim Luftboottreffen auf der Vils und tragen stolz den Titel „Luftkunstort“.
#3: Asphaltkapelle
Die „Asphaltkapelle“ am nördlichen Waldrand bei Etsdorf ist ebenfalls ein Kunstwerk von Wilhelm Koch und besteht komplett aus Gussasphalt. Der erste Standort der Kapelle war in Altötting im Rahmen der Oberbayerischen Kulturtage, bevor sie 2002 in Etsdorf wieder aufgebaut und als Kapelle geweiht wurde.
Das Objekt entspricht dem Urtyp eines Gebäudes, rechteckiger Grundriss mit Satteldach. Die begehbare Skulptur besteht aus massiven Asphaltwänden (schwarz), einer Eingangsöffnung und drei Scheiben aus mundgeblasenem Glas in den Farben rot, gelb, grün. Das alltägliche schwarze Alltagsmaterial Gussasphalt nimmt Bezug zum schwarzen Innenraum der Gnadenkapelle mit der schwarzen Madonna in Altötting.
Über Wilhelm Koch
- 1960 Geboren in Etsdorf/Opf.
- 1981-86 Studium Kommunikations Design in Würzburg
- 1986-89 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München
- 1989-91 Studium an der Städelschule Frankfurt a. M., Meisterschüler
- seit 1984 Ausstellungen, vorwiegend Installationen, Pneumatische Gummiarbeiten, Pneumatische Objekte, Luftmaschinen, Pneumatic Rubber Orchestra, Praktische Arbeiten, Graphikserien, Videoarbeiten, Kunst im öffentlichen Raum, Architekturprojekte
- seit 1994 Büro Wilhelm. Kommunikation & Gestaltung mit Manfred Wilhelm und Gerhard W.H. Schmidt in Amberg
- 1995-1999 GUMMEUM (Luftmuseum) in Amberg 1996 Bau der begehbaren Lichtskulptur „Vesuna-Turm“ in Amberg
- 1999-2001 GUMMEUM, Kallmünz
- 2001 Kulturpreis des Bezirks Oberpfalz, Regensburg
- 2002 Asphaltkapelle, Etsdorf
- 2003 Förderpreisausstellung der Stadt München, Lothringerhalle 13, Kurator „Eugen Oker – Retrospektive“ Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg
- 2003/2004 Lehrauftrag an der Akademie der Bildenden Künste München
- 2004 FeuerWasser, Licht/Wasser/Musik Inszenierung „Im Tal der weißen Erde“, Hirschau/Opf. airparc, 24-teilige Luftskulpturen-Installation in der „airtecture-Halle“, FESTO, Esslingen
- 2006 Luftmuseum Amberg
- 2007 „Asphaltsee“ – Rainer Werner Fassbinder Platz München
- 2008 Kulturpreis Bayern
- 2011 Förderpreis der Internationalen Bodenseekonferenz für „Innovative Kulturvermittlung“
- 2017 Kulturpreis der Stadt Amberg