Felix Schäffer beim Segeln

Lost Places und ihre (neuen) Geschichten: „Verlassenes Ostbayern“

Ein Hauch von Mystik, Romantik, aber auch Fantasie umgibt sie, die Orte, an denen einst residiert oder produziert wurde und die jetzt nur noch aus bröckelnden Mauern bestehen. 19 Schriftsteller:innen aus Ostbayern haben sich von Lost Places in der Oberpfalz und in Niederbayern inspirieren lassen und ihre ganz eigenen Geschichten daraus gesponnen.

lesetipp_battenberg-gietl_verlassenes-ostbayern_marke_coverVerlassenes Ostbayern: In der Anthologie werden 19 Lost Places und ihre vergessenen Geschichten dahinter neu geschrieben. Foto: Battenberg Gietl Verlag

Im Buch „Verlassenes Ostbayern. Lost Places und vergessene Geschichten“ spielen alte, in Vergessenheit geratene Plätze und Gebäude die Hauptrolle. Alte Bahnhöfe, Kirchen, Klöster, Bunker, Stadel, Mühlen und viele Orte mehr werden hier auf literatische Weise wiederentdeckt.

Doch die Realität macht nur einen Teil des Inhalts aus. Zwar werden die Geschichten und wahren Begebenheiten hinter diesen Orten kurz dargestellt, aber eben nicht nur das. Vielmehr sind sie eine Inspiration für die Schriftsteller:innen, ihre eigenen Gedanken und Geschichten daraus zu entwickeln.

In diesem Fall sind es 19 Autor:innen aus der Region, die sich im Schriftsteller:innen Verband Ostbayern zusammengetan und dieses Buch herausgegeben haben.

Die Bilder in dem Buch, allesamt schwarz-weiß, stammen vom Fotografen Christian Greller.

Greller_Gietl_Kager_Einödhof3bDer Kager Einödhof in Hartenricht in der Oberpfalz ist einer der Lost Places im Buch Verlassenes Ostbayern. Foto: Christian Greller

Hauptsache, die Atmosphäre lässt Raum für neue Ideen.Carola Kupfer und Rolf Stemmle, Autoren

Carola Kupfer und Rolf Stemmle, zwei der Autor:innen des Buches, schreiben zum Buch: „Hauptsache, die Atmosphäre lässt Raum für Ideen“. Und das ist wohl das verbindende Element aller Lost Places: diese ganz besondere Aura aus vergangener Geschichte und vergessenen Geschichten, eine Stimmung zwischen „was war“ und „was wäre wenn“. Und so werden aus realen Begebenheiten Ereignisse der Fantasie, werden Charaktere neu erfunden oder ausgeschmückt.

Rolf Stemmle hat uns noch weitere Fragen zum Buch, zum Thema „Lost Places“ und der Oberpfalz beantwortet.

Was ist das inspirierende an verlassenen Orten? Warum sind sie so anziehend?

Rolf Stemmle: Verlassene Orte haben eine Geschichte, eine Vergangenheit. Dass die Orte verlassenen und oft auch verfallen sind, erweckt die Neugier nach dieser Vergangenheit. Meist liegen diese Orte ja auch abgelegen, sodass sie zusätzlich eine geheimnisvolle, schaurige, ja mystische Atmosphäre umgibt. Leserinnen und Leser lieben diese Elemente. Man holt sich Vergangenheit und Schauriges nach Hause und unternimmt gleichzeitig eine abenteuerliche Entdeckungstour. Darum sind Geschichten rund um Lost Places sehr beliebt.

Wie ist diese Idee des Buches entstanden?

Der Schriftstellerverband veröffentlichte ja beim Battenberg Gietl Verlag bereits sieben Vorgänger-Anthologien, auch mit den Themen „Schauriges“ und „Geheimnisvolles“. Die Erfahrung zeigt, dass diese Titel gerne mit aufs Lesesofa genommen werden. Da lag es nahe, auf Entdeckungstour nach Lost Places zu gehen.

Und jede:r Autor:in hat einen Lieblingsplatz gefunden…

Wir haben bei der Wahl der Schauplätze darauf geachtet, dass sie über ganz Ostbayern verstreut sind, um nicht bestimmte Regionen herauszuheben.
Bei der Wahl des konkreten Lost Place waren die Autor:innen völlig frei. Die Kolleg:innen sind ja alle gut vernetzt und informiert, und so fand jede:r bald ein passendes Objekt. Das war gar kein Problem.

Wie hast du „deinen“ Lost Place ausfindig gemacht?

Ich kannte das Neue Schloss Steinach vorher nicht und wurde von einer Bekannten darauf aufmerksam gemacht. Der geschichtliche Hintergrund hat mich sofort fasziniert. Ich bin historisch sehr interessiert und habe mich zunächst umfassend mit der Geschichte des Schlosses auseinandergesetzt. Mir war sehr wichtig, dass mir keine sachlichen Fehler unterlaufen. Beim Beschäftigen mit diesem Objekt (so geht es mir auch bei anderen literarischen Projekten) entstand dann die Idee und die Handlung. Man darf nicht einen Plot entwickeln und diesen dann in eine historische Vorgabe pressen. Das geht meist schief. Umgekehrt liegt oft eine fiktive Geschichte zwischen den historischen Tatsachen. Die muss man er-spüren, entwickeln und ausgestalten.

Ist Ostbayern eine Region, in der es besonders viele Lost Places zu entdecken gibt?

Das ist eine schwere Frage. Ich denke schon, weil Ostbayern eine Region mit viel Fläche und abgelegenen Orten ist – in denen sich Lost Places gut verstecken können.

Ihr arbeitet auch immer wieder mit dem Fotografen Christian Greller zusammen…

Wir kennen Christian Greller inzwischen sehr gut und schätzen ihn als Fotograf mit sehr gutem Auge. Er findet beim Fotografieren der Motive (auch wenn sie manchmal schwer zu fotografieren sind) immer den richtigen Blickwinkel, um das Besondere und Geheimnisvolle einzufangen. Auch unabhängig von den Büchern für den Schriftstellerverband Ostbayern fotografiert er gerne solche Motive.

lesetipp_battenberg-gietl_verlassenes-ostbayern_marke_rolf-stemmleRolf Stemmle Foto: Laura Kopold

Über den Autor

Rolf Stemmle ist gebürtiger Regensburger. Neben seiner vielfältigen Tätigkeit für das Theater schreibt er Lyrik, Romane, Erzählungen und Kurzgeschichten. Auch die klassische Musik hat es ihm angetan, was sich in Erzählungen nach Werken des Musiktheaters, insbesondere von Richard Wagner und Giuseppe Verdi, wiederspiegelt. Als Autor und als Dozent ist er bei vielen Veranstaltungen präsent und engagiert sich für die Literatur in der Oberpfalz.

Infos zum Buch

Das Buch „Verlassenes Ostbayern: Lost Places und vergessene Geschichten“ ist 2023 im Battenberg Gietl Verlag erschienen und kostet 19,90 Euro. Erhältlich ist es im Buchhandel oder direkt im Online-Shop.

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Alles neu macht Anja – in unserem News-Bereich. Neben den neuesten Neuigkeiten tippt sie Pressemitteilungen, organisiert, telefoniert, recherchiert und kümmert sich um den Oberpfalz Kalender und unsere Fotoausstellung. Als Dreifach-Mama ist sie einfach ein absolutes Organisationstalent. Singen kann sie übrigens auch noch – am liebsten im Regensburger Schottenchor.