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LTO: Die Vision des neuen Künstlerischen Leiters

Blick auf den MariahilfbergEr hat klare Vorstellungen und eine Vision: Christian A. Schnell ist der neue künstlerische Leiter des LTO. Aktuell arbeitet er am Spielplan für die Saison 2023/2024. Foto: LTO

Was macht ein waschechter Berliner in Vohenstrauß? Großes Theater! Christian A. Schnell ist nicht nur Neu-Oberpfälzer, sondern auch neuer Künstlerischer Leiter des LTO. Sein Motto: „Theater darf alles, außer langweilen.“

Die Nordoberpfalz kennt der Berliner ziemlich gut. Allerdings nur im Nebel. „Das liegt daran, dass wir immer nur im Herbst hier waren“, erklärt der Theatermacher und grinst dabei. „Damals gab’s noch die Mauer und wenn wir West-Berliner in den Ferien in die Natur wollten, ging es am schnellsten und einfachsten gen Süden: Unsere Familie fuhr meist in den Oberpfälzer Wald, nach Tännesberg und Teunz.“

Und jetzt wohnt er dort, wo er als Kind Urlaub gemacht hat: Die kurzen Wege in der Region genießt Schnell, von seiner neuen Bleibe in Vohenstrauß braucht er keine 15 Minuten zur Probe. Ganz anders als in Berlin. Wir sprachen mit ihm darüber, was noch alles anders ist als in der Hauptstadt und welche Pläne er für das LTO hat.

Willkommen im Cabaret. Das LTO-Stück war ein voller Erfolg im Jahr 2019. Foto: Jochen Schwab/Landestheater Oberpfalz

Wie schätzen Sie die regionale Theaterszene ein?
Ich habe sie als sehr vielfältig kennengelernt.

Was ist theatertechnisch in der Region möglich, was in der Großstadt nicht denkbar wäre?
Die Identifikation mit der Kultureinrichtung sowie die Theaterbegeisterung der Akteur:innen kann hier viel intensiver er- und gelebt werden, als in der Stadt. Denn dort ist das Angebot oft so groß, dass man sich schlecht mit einem Theater identifizieren kann.

Sie sind der Neue am LTO. Welche Impulse wollen Sie dort setzen?
Ich möchte das LTO weiter professionalisieren und noch stärker in der Oberpfalz verankern. Es ist wichtig, dass die Region ein Theater hat, das für jeden etwas bietet – vom Volkstheater in Mundart, klassischen Dramen und Komödien über Kinder- und Jugendtheater, bis zur Uraufführung. Allerdings möchte ich auch, dass unser Publikum offen ist. Dass die Leute dazu bereit sind, sich bei uns auch mal ein Stück anzuschauen, dass sie so sonst nicht besuchen würden.

Dann wollen Sie das Vertrauen in das LTO stärken?
Genau, wir wollen eine Institution etablieren in der auch das überregionale Publikum der künstlerischen Qualität des Programms voll vertraut. Wo man nicht nur klassisches britisches Boulevardtheater mit „Tür auf, Tür zu“ genießt, sondern auch etwas Neues entdecken kann – und diesem vielleicht noch unbekannterem Theater eine Chance gibt.

„Überregionale Ausstrahlung mit festem Anker in der Region – das ist unser Ziel für das LTO.“Christian Schnell, Künstlerischer Leiter LTO

Etwas Neues, wie etwa die Vermengung von Film und Bühne?
Das ist gerade sehr in. Es gibt wenig junge Regisseur:innen, die nicht die Hälfte ihrer Stücke im Studio aufzeichnen. Auch wir planen einige Stücke mit digitalem Anteil, die wir eigens mit Expert:innen inszenieren werden.

Ihre Inszenierung mit Videomapping war ein Erfolg beim Jedermann in Potsdam. Mit diesem Stück feiern sie auch Regie-Premiere am LTO. Verraten Sie uns etwas zur Inszenierung? 
Videomapping wird es bei meinem Regiedebüt im Sommer nicht geben, dafür eine sehr auf die Schauspieler:innen konzentrierte Fassung des Familien-Klassikers über die essenziellen Fragen des Lebens und Sterbens, mit der Burg als Bühnenbild und der ein oder anderen Überraschung.

Christian A. Schnell führte 2018 und 2019 Regie bei den Jedermann-Festspielen in Potsdam. Besonders fasziniert zeigte sich das Publikum von dem aufwändigen Videomapping. Foto: Videomapping: Daniel Bandke / Foto: Carsten Böttinger

Was ist Ihre Vision für das LTO?
Eine eigene feste Spiel- und Produktionsstätte. Außerdem soll das LTO zum führenden Theater der Region mit überregionaler Ausstrahlung und größerer touristischer Vermarktung werden.

Experimentell, Performance Kunst oder ganz klassisch: Welches Theater bevorzugen Sie privat?
Ein performativ klassisches Experiment. Alles – wenn es jeweils passt und zur Erhellung beiträgt.

Welches ist Ihr Lieblingstheater in der Berliner Heimat?
Die Deutsche Oper, dort habe ich als junger Mann mit dem Theater angefangen und stand das erste Mal als Profi selbst auf der Bühne.

Was werden Sie am meisten an Berlin vermissen?  
Wer vermisst schon Berlin, wenn er in Vohenstrauß zugezogen ist.

Christian A. Schnell

Christian A. Schnell ist seit Januar der neue Künstlerische Leiter am Landestheater Oberpfalz. Der gebürtige Berliner aus dem Bezirk Lichtenrade war bislang Intendant verschiedener Landes-, Stadt- und Privattheater sowie Festivals in Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Bekannt ist er auch als Intendant und Produzent der Altmühlsee-Festspiele in Mittelfranken oder der Jedermann-Festspiele in Potsdam. 20 Jahre lang leitete er über 100 Inszenierungen verschiedener Genres in ganz Deutschland.

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Als Kind der 80er konsumierte das damalige Army Brat so ziemlich alles, was die Kinoleinwände zwischen der good ol’ Oberpfalz und Fort Knox so hergaben. LADY OSCAR, und DIE DREIBEINIGEN HERRSCHER stellten die Weichen für ihr Berufsleben: Nach einem Volo frönte sie den Film- & Literaturwissenschaften in Berlin und arbeitete für verschiedene Medien.