Schwammerlsuche in Bayern
Frühmorgens bei Nebelschwaden durch den Wald streifen, den Geruch nach feuchter Erde und Nadelbäumen in der Nase. Das ist Verbundenheit mit der Natur. Schwammerlsucher schätzen dies an ihren Spaziergängen und freuen sich natürlich ebenso über den Fund von köstlichen Speisepilzen. Viele alte Hasen wissen, wo sich die besten Fundstellen befinden oder worin sich der Knollenblätterpilz vom Wiesenchampignon unterscheidet. Ist man Neuling bei der Schwammerlsuche, ist es nicht immer ganz einfach, die gefundenen Exemplare richtig zuzuordnen.
Seit 40 Jahren Experte
Einer, der sich seit über vier Jahrzehnten mit Pilzen beschäftigt, ist Norbert Griesbacher. Sein Expertenwissen hat er in einem über 200 Seiten dickem Buch zusammengefasst. „Schwammerlsuche in Bayern. Heimische Speisepilze sammeln, bestimmen und verarbeiten, Giftpilze sicher erkennen!“ ist dabei nicht irgendein Ratgeber, sondern einer, der von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) empfohlen wird. Im vergangenen Jahr ist er bereits in der vierten Auflage erschienen.
Griesbacher, der seit über 40 Jahren Pilzberater der Stadt Weiden in der Oberpfalz und Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie ist, bietet mit seinem Ratgeber einen Leitfaden für alle Schwammerlsucher. Ausführliche Beschreibungen und Bilder der Pilze helfen bei der Bestimmung. In der Rubrik Verwechslung geht er ausführlich auf mögliche „Doppelgänger“ ein. So sind 165 der am häufigsten vorkommenden Großpilze unserer Region erfasst. Nicht nur als Einordnungshilfe für Anfänger ist dieser gedacht, sondern auch als Nachschlagewerk für Experten.
Wir haben mit dem Autor über Tipps für die Schwammerlsuche gesprochen.
Oberpfalz Marketing: Herr Griesbacher, haben Sie ein paar Tipps für Neulinge, die mit der Schwammerlsuche anfangen wollen?
Norbert Griesbacher: Ich würde mir ein gutes Pilzbuch kaufen und darin etwas schmökern. Bei einer anschließenden Teilnahme an einer geführten Pilzwanderung durch einen Pilzsachverständigen oder Pilzberater lernt man, die essbaren von den giften Pilzen zu unterscheiden, aber auch einiges über ihre Standorte und die besten Sammelmethoden. Man könnte einige Exemplare von „interessanten“ Pilzen mit nach Hause nehmen und im Schwammerlbuch nachschlagen. Bei der nächsten Schwammerlpirsch sind schon die erste Erfolgserlebnisse vorprogrammiert!
Warum hat ein gedruckter Ratgeber immer noch Vorteile gegenüber Bestimmungs-Apps fürs Smartphone?
Die mit „gut“ getesteten Pilz-Apps können eine grobe Hilfestellung sein, doch sie können kein gutes, aktuelles Pilzbuch mit detaillierten Naturaufnahmen, und ausführlichen Beschreibungen ersetzen. Das A und O eines guten Pilzbuchs ist die Rubrik „Verwechslungen“, welche ich in meinem Schwammerlbuch mit großer Sorgfalt bearbeitet habe. Ich warne davor, sich ausschließlich auf diese Apps zu verlassen, denn Nutzer könnten ihr Wissen überschätzen und gefährliche Pilze sammeln. Einige Apps haben in Tests angeblich sogar giftige Pilze als essbar eingestuft.
Nur nebenbei: Bei Verwendung einer Pilz-App im Wald könnte man in ein Funkloch geraten oder der Akku gibt seinen Geist auf. Mein Schwammerlbuch ist in meiner Hosenseitentasche immer griffbereit!
Was ist Ihr persönlicher Lieblingspilz und wie bereiten Sie ihn zu?
Mein Lieblingspilz ist die Krause Glucke oder Fette Henne (Sparassis crispa), fast immer am Grund von lebenden Kieferstämmen. Etwas aufwändig ist die Reinigung dieses von zahlreichen Hohlräumen besetzten Pilzes. Wenn möglich nicht waschen (der Pilz saugt Unmengen Wasser auf), zerpflücken und mindestens zehn Minuten bei starker Hitze kross braten. Zugabe: Salz, Pfeffer und Petersilie.
Wie „gefährlich“ ist die Schwammerlsuche bei uns in der Oberpfalz?
Auch in der Oberpfalz gibt es die „tödlichen“ Pilze, wie z.B. Grüner und Spitzkegeliger Knollenblätterpilz, Gifthäubling, Spitzkegeliger Raukopf, kleine Giftschirmlinge, Frühjahrslorchel, dazu noch eine Unmenge von anderen giftigen Pilzen.
Ein Fall ist mir noch gut in Erinnerung: In älteren Pilzbüchern ist bei dem bei uns massenhaft vorkommenden Kahlen Krempling (Paxillus involutus) – in gekochtem Zustand – nachzulesen: „schmackhafter Speisepilz“! Eine mir bekannte, ältere Person hat diese leicht zu findenden Kahlen Kremplinge häufig gegessen. Die Nierenwerte waren stets schlecht. Damals war die Wirkung des Pilzes noch nicht bekannt und der Mann verstarb. Heute weiß man, dass es bei häufigem Verzehr zu Nierenversagen kommen kann. Daher mein dringender Rat: Nur mit einem aktuellen Pilzbuch arbeiten!
Pilzsachverständige
Sollten Zweifel aufgkommen, um welchen Pilz es sich beim Fund handelt, kann man sich den Rat einer oder eines Pilzsachverständigen einholen.
Norbert Griesbacher ist Pilzberater der Stadt Weiden in der Oberpfalz und bietet Beratungen nach telefonischer Vereinbarung an.
Wer nicht in Weiden wohnt, kann in der Kontaktliste der Deutschen Gesellschaft für Mykologie nach Pilzsachverständigen in der Nähe seines Wohnortes suchen.
Der Autor
Norbert Griesbacher ist seit über 40 Jahren Schwammerlexperte und ehrenamtlicher Pilzberater der Stadt Weiden in der Oberpfalz. Für diese Tätigkeit hat er den „Grünen Engel“, eine Auszeichnung des Bayerischen Umweltministeriums als Anerkennung besonderer Verdienste um den Naturschutz erhalten. Der mittlerweile über 80-Jährige hält sich in seiner Freizeit durch Sport fit.
Infos zum Buch
Der Ratgeber „Schwammerlsuche in Bayern. Heimische Speisepilze sammeln, bestimmen und verarbeiten, Giftpilze sicher erkennen!“ von Norbert Griesbacher umfasst 216 Seiten in einem handlichen Format und mit zahlreichen farbigen Abbildungen. Erschienen ist es 2023 in der vierten Auflage beim Battenberg Gietl Verlag und ist für 16,90 Euro im Buchhandel oder im Online-Shop des Verlages zu kaufen.