„Tannöd“ in Tirschenreuth: Ein Dorf, ein Verbrechen, Schweigen

Ein abgelegener Hof, der Wind rauscht durch das Hexenholz, das Dorf liegt still. So beginnt „Tannöd“, die Bühnenadaption des preisgekrönten Romans von Andrea Maria Schenkel. Im November bringt das Moderne Theater Tirschenreuth (MTT) den beklemmenden Stoff auf die Bühne des Kettelerhauses.

Die Geschichte führt in eine abgeschottete Welt: Der Hof der Familie Danner, irgendwo im Nirgendwo, wird zum Schauplatz eines unfassbaren Verbrechens. Alle Bewohner – erschlagen. Die Tat bleibt tagelang unentdeckt. Der Täter? Bis heute unbekannt.

„Tannöd“ ist mehr als ein Krimi. Das Stück zeichnet das Porträt eines Dorfes, das wegschaut, tuschelt und schweigt. Zwischen Religiosität, Enge und Angst entfaltet sich eine Atmosphäre, die gleichermaßen fesselt und verstört. Schenkels Vorlage – inspiriert vom nie aufgeklärten Sechsfachmord von Hinterkaifeck (1922) – wurde nach ihrem Erscheinen 2006 zum literarischen Ereignis. Die Theaterfassung folgt dem Roman in seiner schonungslosen Klarheit: Stimmen aus dem Dorf erzählen, widersprechen, verhüllen. Was bleibt, ist ein Echo aus Schuld und Scham.

Für die Regie zeichnet Evi Eiberger verantwortlich – freiberufliche Regisseurin aus Regensburg und Laienspielberaterin des Bezirks Oberpfalz. Aufgewachsen in Bad Kötzting, steht sie seit ihrer Kindheit auf der Bühne und ist den Waldfestspielen eng verbunden. Heute inszeniert sie erfolgreich Schauspiel, Musical und Oper – stets mit Gespür für Ensemblearbeit und präzise Emotion.

„Tannöd“ ist für sie kein klassischer Krimiabend, sondern eine „Reise in die Schattenseiten des Menschseins“, wie sie betont. Das Ensemble, rund 20 Darstellerinnen und Darsteller zwischen 12 und 75 Jahren, spiegelt die Vielfalt des Vereins: langjährige Bühnenbekannte treffen auf Neuzugänge und junge Talente.

Das Moderne Theater Tirschenreuth versteht sich als kulturelle Konstante in der Region. Mit Engagement und Professionalität zeigt der Verein immer wieder, dass anspruchsvolles Schauspiel auch abseits großer Städte gelingen kann. So wird „Tannöd“ nicht nur zur Inszenierung eines Kriminalfalls, sondern auch zu einem Stück Heimatkunde – leise, ernst und tief verwurzelt in der oberpfälzischen Erzähltradition.