Felix Schäffer beim Segeln
Foto: Hubertus Hinse

Hubertus Hinses Drudenherz: Fantastische Oberpfalz

Er ist Autor, Theaterschauspieler und Filmemacher – seine Leidenschaft gehört dem Fantasy-Genre. Vor allem die Oberpfälzer Mythen faszinieren Hubertus Hinse. In seinem Debütroman Drudenherz und der Verflimung erwacht die alte Oberpfläzer Sagenwelt im Hier und Jetzt zum Leben. Jetzt gibt es das Werk als DVD.

Da Hinse eben nicht nur Autor, sondern auch prämierter Filmemacher ist, war klar, dass sein Herzensprojekt auch auf der Leinwand erscheinen muss.  Zwei Jahre dreht der Stadtmaus-Gründer unter anderem auch im Freilandmuseum Neusath-Perschen. Als der Film dann endlich Premiere feiern kann, kommt der Lockdown – und vermasselt dem Finalisten des Ideenwettbewerbs opf.rocks 2022 erstmal die Kinotour. Doch die ist längst erfolgreich nachgeholt. Pünktlich zur Weihnachtszeit erscheint nun auch Drudenherz auf DVD. Wir haben mit Hubertus Hinse über Dämonen, Geister und die Inspiration seiner Wahlheimat gesprochen.

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Oberpfalz Marketing: Warum spielen Deine Bücher in der Oberpfalz?
Hubertus Hinse: Da gibt es gleich mehrere Gründe: Die Oberpfalz ist meine Wahlheimat, weil ich mich hier seit über 25 Jahren unglaublich wohl fühle. Die Oberpfalz ist eigen, besonders. Sie ist kein Klischee-Bayern. Es gibt hier so viel Echtes, Urwüchsiges, Menschliches, Kantiges, Wunderschönes und Herzliches, dass ich davon einfach schreiben musste. Ein anderer Grund ist, dass viele Sagen und Legenden, die ich in meinen Büchern bearbeite, hier aus der Region stammen – wozu sollte ich sie also an andere Orte verlegen?

Faszinieren Dich alte Sagen und Legenden schon immer? 
Ja. Allerdings wusste ich damals noch noch nicht, dass diese Märchen hier aus der Region stammen. Als Kind liebte ich Geschichten von Riesen und Zwergen, von feurigen Männern und Druden.

Nach klassischen Kindermärchen klingt das aber nicht …
Diese Geschichten waren anders als diese „typischen“ Märchen der Brüder Grimm oder die Kunstmärchen der Romantiker. Sie waren weniger moralisierend, stärker naturverbunden und fühlten sich schon damals für mich „echter“ an. Als ich zum Studium nach Regensburg kam, entdeckte ich plötzlich viele dieser alten Geschichten wieder – und seither haben sie mich nicht mehr losgelassen. Es war für mich unglaublich spannend zu entdecken, warum diese Geschichten so besonders sind: Gerade hier in der Oberpfalz verschmelzen Einflüsse aus dem Böhmischen mit bayerischen und uralten keltischen Motiven.

Glaubst Du an Geister und Dämonen?
Das kann ich mit einem entschiedenen „Jein“ beantworten. Ich glaube nicht an Schlossgespenster mit Rasselkette oder gehörnte Gruselgestalten. Aber ich weiß, dass es Kräfte um uns herum gibt, die weit über schulwissenschaftliches Denken hinausgehen.

Welche Kräfte meinst Du?
Dass zwischen Menschen ein Funke überspringen kann, ist nicht nur eine Metapher, sondern auch etwas ganz Reales: Energie ist nicht nur, was aus der Steckdose kommt. Lebende Wesen haben eine Seele, und die geht niemals verloren. Unsere Energien beeinflussen die Welt um uns herum, und können auch auf Gegenstände oder Orte abfärben. Genau deshalb gibt es auch besonders kraftvolle oder unheilvolle Orte.

Ich glaube nicht an Schlossgespenster. Aber ich weiß, dass es Kräfte um uns herum gibt, die weit über schulwissenschaftliches Denken hinausgehen.Hubertus Hinse

Karftorte und Dämonen sind Elemente im Fantasy-Buch. Was fasziniert Dich an diesem Genre?
Fantasy ist eine moderne Form, Mythen zu erzählen. Manche Autoren versuchen, neue Mythen zu erfinden, andere bedienen sich bei existierenden Mythen. Was beide verbindet, ist die uralte Sehnsucht der Menschheit, an etwas Teil zu haben, was größer ist als die sichtbare Welt. Das geht von Moralvorstellungen über religiöse Vorstellungen bis hin zu magisch-mystischen Ideen. Persönlich glaube ich, dass auch in der Fantasy sehr viel Wahres steckt. Sie ist ein Mittel, uns in eine unsichtbare Welt einzuladen – und das ohne Zeigefinger, sondern unterhaltsam, spannend und offen für alle.

Wie kam Dir die Idee zu Drudenherz?
Die Idee kam tatsächlich beim Fernsehen. Ich bin, ich gebe es zu, ein großer Fan von Fantasy- und Mysteryserien. Was mich aber immer mehr geärgert hat, war, dass oft reale Märchen als Hintergrund genutzt, und dabei vollkommen verfremdet und entstellt wurden. Da heißt ein Monster mal „Rumpelstiltz“, aber die Story hat absolut nichts mehr mit dem eigentlichen Märchen zu tun. Ich finde es eine tolle Idee, alte Geschichten in einem neuen Gewand zu erzählen. Aber wenn die eigentlichen Inhalte zugunsten von purer Effekthascherei komplett vernachlässigt oder aus dem Zusammenhang gerissen werden, dann bringt mich das auf die Palme. Also wollte ich es anders machen.

Wie anders?
Drudenherz versetzt Jahrhunderte alte Sagengestalten in die heutige Zeit. Die Hintergründe sind dabei genau recherchiert und tauchen auch als historische Rückblenden im Roman auf. Ich spiele damit, was Druden, Moosleute, Bilmesschnitter und Feilenhauer in der heutigen Welt so treiben würden.

Was inspiriert Dich in der Oberpfalz?
Die Menschen! Ich durfte hier so viele wunderbare Menschen kennenlernen, die mich immer wieder beflügelt und auf neue Ideen gebracht haben. Die Landschaft ist eine zweite Inspirationsquelle. Fluss, Fels, Wälder und Weite. Da geht mir das Herz auf.

Zur Person

Hubertus Hinse wurde am 30. Mai 1971 in Bielefeld geboren und fand als Student der Informationswissenschaft seinen Weg nach Regensburg. Begeistert von seiner neuen Heimat wurde er zum Mitbegründer der Stadtmaus in Regensburg. Bis 2019 blieb er ihr Gesellschafter und Schauspielleiter. Er ist gelernter Theaterpädagoge im Bundesverband Theaterpädagogik und freier Künstler. Die meisten Kreativ-Konzepte der STADTMAUS stammen aus seiner Feder, ebenso wie regionale Fernsehspots und Hörbücher. Seit mehr als zwanzig Jahren leitet er Theater-, Fecht- und Bühnenkampf Workshops und schreibt dem Kindertheater Fjonn von den Inseln die Rollen auf den Leib. Als Autor des Hörbuchs Königin der Städte bricht er eine Lanze für die Stadt, in die (und in der) er sich verliebt hat. 2011 veröffentlichte er mit Roter Herzfleck, Blauer Hecht und eine Fürstenhochzeit seine erste Sammlung von Geschichten und Anekdoten. Im Oktober 2017 erscheint Glaubn mechst es ja ned: Sagen aus der Oberpfalz in Zusammenarbeit mit Toni Lauerer, sowie sein Debütroman Drudenherz.

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Als Kind der 80er konsumierte das damalige Army Brat so ziemlich alles, was die Kinoleinwände zwischen der good ol’ Oberpfalz und Fort Knox so hergaben. LADY OSCAR, und DIE DREIBEINIGEN HERRSCHER stellten die Weichen für ihr Berufsleben: Nach einem Volo frönte sie den Film- & Literaturwissenschaften in Berlin und arbeitete für verschiedene Medien.