Felix Schäffer beim Segeln

Ein „Reiseführer“ zu den unheimlichsten Orten der Nordoberpfalz

Am Abend des 31. Oktober sind hierzulande viele gruselige Gespenster, Zombies und Hexen unterwegs – meist ziemlich klein, sehr lebendig und in der Regel eher auf der Jagd nach Süßigkeiten als auf verlassene Seelen. Um „echte“ Schauergestalten, um Weiße Frauen, Berggeister und sogar den Teufel drehen sich die Sagen und Legenden in dem Buch „Von Hexen, Geistern und Verbrechern“ von Wolfgang Benkhardt. Hinter diesen könnte doch ein Körnchen Wahrheit stecken …

Der Landkreis Neustadt an der Waldnaab und die Stadt Weiden in der Oberpfalz sind Schauplatz des Buches mit den vielen unheimlichen Geschichten. Die nördliche Oberpfalz ist bekannt für ihre stattlichen Burgruinen, märchenhaften Naturschauplätze und vielen kleinen Kirchen und Kapellen. Orte, die Legenden über Weiße Frauen oder Geisterchöre nahezu herausfordern.

Hexen Geister Verbrechen LesetippDie richtige Lektüre für neblige Herbstabende: Hexen, Geister und Verbrechter treiben ihr Unwesen in Weiden und im Landkreis Neustadt an der Waldnaab. Aber Achtung: Gruselgefahr! Foto: Battenberg Gietl Verlag

Hartnäckig halten sich zum Beispiel Erzählungen vom „Manndl“, das seit Jahrhunderten in Grenznähe auf dem Schellenberg hausen muss, von einem Burgfräulein, das in Leuchtenberg eingemauert sein soll, und von einem Geldeintreiber, der wegen seiner Grausamkeit zum Spuken auf Schloss Burgtreswitz verdammt ist. Auch von einem Geisterchor, dessen Gesänge nachts durch das Waldnaabtal hallen, wird berichtet. Gnade dem, der die Lieder nicht nur hört, sondern den Chor auch sieht …

Ein "Reiseführer" durch den schaurigen Oberpfälzer Wald

Der ideale Lesestoff also für nebelige Herbstabende. 30 Orte mit dunkler Vergangenheit hat Autor Wolfgang Benkhardt besucht, allesamt aus dem Landkreis Neustadt und der Stadt Weiden. Wer sich nach der spannenden Lektüre selbst auf die Spuren der Geisterreiter und Co. machen will, findet eine Karte im Buch, auf der alle Schauplätze markiert sind. Somit ist das Buch fast eine Art „Reiseführer“ zu den dunklen Orten in der nördlichen Oberpfalz.

Waldnaabtal Altneuhaus TischsteinEine Legende rankt sich um den Geisterchor, der im Waldnaabtal zu hören sein soll - erzählt von Wolfgang Benkhardt in dem Buch "Von Hexen, Gesitern und Verbrechern". Foto: Wolfgang Benkhardt

Eine Sonderrolle nimmt allerdings das Kapitel über die NS-Vergangenheit der Region mit einem Besuch der KZ-Gedänkstätte Flossenbürg ein. Entgegen der anderen Geschichten im Buch, die allesamt aus dem Reich der Erzählungen stammen, sind die Greueltaten und die Hinrichtung von Tausenden von Menschen ein Verbrechen mit leider sehr realistischem Hintergrund.

Wir wollten vom Autor Wolfang Benkhardt wissen, welche eigenen Erfahrungen er mit Gruselgestalten gemacht hat.

Oberpfalz Marketing: Dieses ist nicht Dein erstes Buch über schaurige Orte und Gruselgeschichten aus der Oberpfalz: Was fasziniert Dich persönlich an diesen Erzähungen?

Wolfgang Benkhardt: Das Faszinierende daran ist, dass in den überlieferten Geschichten und Sagen in der Regel ein wahrer Kern steckt. Es ist ungemein spannend zu recherchieren und darüber nachzudenken, was der Ursprung einer Geschichte ist und was in der Vergangenheit an jenem Ort wirklich passiert sein könnte. Manchmal gibt es belegbare Fakten, manchmal verlieren sich die Spuren im Dunkel der Vergangenheit.

Welches ist Deine Lieblingsgeschichte?

Eine absolute Lieblingsgeschichte gibt es nicht. Aber natürlich sind da einige, die mich besonders faszinieren. Zum Beispiel die vom Geisterchor im Waldnaabtal, schon allein deswegen, weil ich da regelmäßig mit dem Fahrrad unterwegs bin. Oder die Mordgeschichte aus dem Elm-Wald bei Vohenstrauß, in dem man einen Bauer mit durchgeschnittener Kehle gefunden hat. Und natürlich auch die Sagen, die sich um Burgruinen wie Leuchtenberg, Flossenbürg, Schellenberg und Haselstein ranken. Leider habe ich in keiner dieser Ruinen eine weiße Frau gesehen, die mich zu einem Schatz gelotst hätte.

Und welcher ist der für Dich schaurigste Ort im Buch?

Der schaurigste Ort ist ganz klar die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg. Es ist unglaublich, was sich dort ereignet hat, wie dort Tausende Menschen von den Nazi-Schergen ermordet oder in den Tod getrieben worden sind. Außerdem ist dies das einzige Kapitel, das sich komplett auf harte Fakten stützt. Wer die Gedenkstätte besucht, sollte sich viel Zeit nehmen und außerdem beachten, dass das für kleine Kinder nichts ist. Ansonsten kommt es immer auf den jeweiligen Zeitpunkt und das Wetter an, wie schaurig man einen Ort empfindet. Wenn die Dunkelheit hereinbricht, Nebengeräusche verstummen und dann auch noch das fahle Mondlicht für Schatten sorgt, empfindet man Orte plötzlich ganz anders.

Gibt es ein persönliches Erlebnis, bei dem Du selbst an die Wahrheit hinter den Geschichten glauben gelernt hast, also eine eigene Erfahrung mit Gruselgestalten?

Gespenster, wie das Schellenberg-Mandl, den Geisterreiter vom Pfrentschweiher, den kopflosen Förster im Hessenreuther Wald, das Burgtreswitzer Schlossgespenst Matere, den Berggeist vom Rauhen Kulm und den Feuerfisch aus dem Rußweiher habe ich bei meinen Besuchen nicht getroffen. Gott sei Dank. Aber Gänsehaut-Momente gab es schon. Wenn Du zum Beispiel an einem heißen Sommertag am Kalten Baum bei Vohenstrauß stehst und einen kalten Windhauch im Nacken spürst, wird dir schon ganz anders. Angeblich ist der kalte Hauch der Atem der ermordeten Gräfin. Aus ihrem kalten Herz soll der Baum gewachsen sein.

Ist die Oberpfalz besonders prädestiniert für schaurige Legenden und warum?

Da unsere Region immer noch sehr ländlich strukturiert und vor allem im Norden auch dünn besiedelt ist, gibt es natürlich bei uns auch immer noch viele abgelegene Orte, welche die Fantasie beflügeln und Zeit und Raum für solche Geschichten lassen. Aber leider geraten die Erzählungen, die lange in den Hutza- und Roggenstubn und bei den langen Fußmärschen weitergegeben und ausgeschmückt worden sind, immer mehr in Vergessenheit. Ist man früher an einem Marterl vorbeigekommen, hat man die Geschichte dazu erzählt. Heute rast man mit dem Auto vorbei und kaum einer weiß mehr, warum das kleine Denkmal hier steht und was es zu erzählen hätte.

Autor Wolfgang BenkhardtDer Autor Wolfgang Benkhardt ist fasziniert von schaurigen Geschichten aus der Oberpfalz. Foto: Wolfgang Benkhardt

Über den Autor

Wolfgang Benkhardt, Jahrgang 1964, ist in Weiden geboren, in Pressath aufgewachsen und lebt heute mit seiner Frau und Kindern in Erbendorf im Landkreis Tirschenreuth. Als Lokalredakteur und Ressortleiter bei Oberpfalz-Medien hat er die Regioin mit ihren unterschiedlichsten Facetten kennengelernt. Seine Bücher sind Einladungen an die Leser:innen, die Dinge selbst zu entdecken, egal ob er über Bier, kulturelle Sehenswürdigkeiten. die traumhaften Schönheiten der letzten Oberpfälzer Naturoasen oder eben über Hexen und Geister schreibt.

Infos zum Buch

Das Buch „Von Hexen, Geistern und Verbrechern. Die umheimlichsten Orte in der Stadt Weiden und im Landkreis Neustadt an der Waldnaab“ ist 2024 im Buch- und Kunstverlag Oberpfalz erschienen. Es ist für 17,90 Euro dirket im Onlineshop des Verlages oder überall im Buchhandel zu haben. Ein weiterer Band widmet sich Geschichten aus dem Landkreis Tirschenreuth.

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Alles neu macht Anja – in unserem News-Bereich. Neben den neuesten Neuigkeiten tippt sie Pressemitteilungen, organisiert, telefoniert, recherchiert und kümmert sich um den Oberpfalz Kalender und unsere Fotoausstellung. Als Dreifach-Mama ist sie einfach ein absolutes Organisationstalent. Singen kann sie übrigens auch noch – am liebsten im Regensburger Schottenchor.